Nur ein Puzzlestück vom Mörder entfernt

13. Dezember 2007

Nur ein Puzzlestück vom Mörder entfernt

„Mein Dorf war zum >>Morddorf<< geworden und die Tat ließ mir keine Ruhe mehr.“ Andrea Schenkel erzählt in ihrem Kriminalroman „Tannöd“ von einem Mordfall, der nicht nur sie fesselte. Sie ist die dritte Autorin, die den bekannten Mordfall in Hinterkaifeck in einem Krimi thematisiert. Es ist also nichts Neues was sie schreibt: Sechs Menschen werden auf einem Bauernhof auf brutale Weise erschlagen. Doch warum erhielt sie den deutschen Krimipreis, den Friedrich-Glauser-Preis und den Corine-Preis für ihr Debüt?

Andrea Schenkel lebt in der Nähe von Regensburg – und genau in Bayern spielt sich die ganze Tragödie ab: Die komplette Familie Danner und ihre Magd wird eiskalt in einer Nacht mit einer Spitzhacke ausgelöscht. Doch zunächst bemerkt es keiner, da der Mörder alles tut, um es zu vertuschen. Der Leser kommt nur Schritt für Schritt auf seine Spur, auch wenn er mal eine falsche Fährte verfolgt. Doch nicht nur den Mörder lernt man in diesem Krimi kennen, auch die Bewohner des Dorfes, wie zum Beispiel Babette Kirchmeier: „Die Marie, die Marie. Die war bei mir als Haushaltshilfe. Na, bis ich ins Altenheim bin. Ja, ja, als Haushaltshilfe, die Marie.“ Jeder Bewohner des Dorfes hat seine eigene Art zu reden, genau wie die 86jährige Babette in ihrer leicht verwirrten Art.

Die Autorin wechselt in ihrem Debüt gekonnt die Perspektiven zwischen Mörder und den Dorfbewohnern. Doch das ist nicht alles. Ihre Gebete strahlen nicht nur Ruhe aus, sondern versetzen den Leser regelrecht in Trance. Ungewollt wird man gefesselt, so dass man die 125 Seiten schon in einer Nacht verschlingen wird.

Der Vergleich zu anderen Büchern ist schwer und genau deshalb ist dieser Kriminalroman so außergewöhnlich. Der Leser erfährt die Geschichte immer nur stückchenweise in einer nicht chronologischen Reihenfolge, so dass man als Leser alle Einzelheiten selbst zusammenfügen muss, um die ganze Tat nachzuvollziehen. Ein Puzzle funktioniert ähnlich. Erst sucht man sich alle Randstücke heraus, um ein Grundgerüst zu erhalten. Daraufhin folgt das Motiv; Immer wieder findet man Teile, die man anfangs nicht zu ordnen kann, doch am Ende fügen sie sich perfekt in das gesamte Puzzle ein. Sie als Leser finden das letzte Puzzlestück zum Mörder, auch wenn der in der wahren Geschichte nie gefunden wird.

Nach so einem gelungenen Debüt bleibt nun die Frage offen, ob ihr zweites Buch „Kalteis“ mindestens genauso spannend und erfolgreich ist.

Hinterlasse einen Kommentar