Mosaikgebilde mit bitterem Nachgeschmack

13. Dezember 2007

„Mein Dorf war zum „Morddorf“ geworden und die Tat ließ mir keine Ruhe mehr“, mit diesen Worten eröffnet Andrea Maria Schenkel ihr Erstlingswerk. „Tannöd“ (erschienen 2006), ein Kriminalroman basierend auf einem realen bayrischen Mythos aus den 50er Jahren, der den Leser auf eine verwirrende Reise mit spannendem Ende entführt.

Versetzt in die scheinbar friedliche Atmosphäre eines kleinen Dorfes in Bayern, das doch mehr Geheimnisse birgt als vermutet, wird der Leser durch die achronologische Erzählstruktur des Romans auf eine zuerst verwirrende Reise mitgenommen, die ihm stetige Aufmerksamkeit abverlangt.

Wie ein Mosaik fügen sich die Details, die durch Monologe verschiedner dem Erzähler angepasster Sprach- und Stilarten, langsam über den Mord an einer Bauernfamilie auf einem Hof in „Tannöd“ zusammen. Dieses Mosaikgebilde rückt den Leser in die Position des Ermittlers und die Polyphonie der Stimmen, durch die sich irgendwann auch Details, die von Personen in Berichtform vermittelt werden, überschneiden oder widersprechen, schenkt dem Leser das Erfolgserlebnis des Aufklärens eines Mordes.

Zwar entsteht durch den einfachen Schreibstil, der jeweils der berichtenden Person, ihrem Alter und Geschlecht angepasst ist, ein guter Lesefluss, durch den jedoch der Kriminalroman „Tannöd“ nicht eine hohe literarische Ebene erreicht und in so, trotz raffinierter Achronologie, zu einem „Nebenbei – Roman“ mutieren lässt, der nach dem ersten Lesen verbraucht ist.

Die Ansprüche, die an einen Roman gestellt werden, der den „Deutschen Krimi Preis 2007“, den „Corine Lesepreis 2007“ und den „Friedrich Glauser – Preis“ gewonnen, sich 36 Wochen auf der Bestsellerliste des Spiegels behauptet und sich gegen Plagiatvorwürfe von Seiten Peter Leuschners durchgesetzt hat, erfüllt „Tannöd“ jedoch nicht ohne fremde Hilfe.

Erst nach dem Statement „Ein großartiges Buch! Fabelhaft! Ein unglaubliches Buch!“ von Elke Heidenreich in Lesen! (19. Januar 2007) stiegen die Verkaufszahlen auf  500 000 Exemplare (1.10.2007).

„Mein Dorf war zum „Morddorf“ geworden und die Tat ließ mir keine Ruhe mehr“, mit derselben Rastlosigkeit, mit der der Erzähler im ersten Kapitel des Buches beginnt zu erzählen, schrieb auch Andrea Maria Schenkel (Hausfrau und Mutter, wohnhaft in der Nähe von Regensburg) ihren ersten Kriminalroman. Doch diese Faszination, die sie diesem mysteriösen Mord in Hinterkaifeck entgegen bringt, muss sie sich mit vielen anderen Schriftstellern und Journalisten teilen, die jedoch schon vor ihr das Thema für sich beansprucht haben, sodass ein bittere Nachgeschmack von Abgegriffenheit beim Lesen von „Tannöd“ entsteht.

(Raffaela Sprekelmann)

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